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Zebenech aus Äthiopien

Hallo Zebenech! Bitte stelle dich kurz vor.
Ich wurde 1980 in North Shoa in der Nähe der äthiopischen Stadt Gohastion geboren. Meine Mutter heißt Workagegnehu Afrash und ich habe einen Bruder und drei Schwestern. Mein Vater lebt leider nicht mehr. Die meisten in meiner Familie sind Landwirte. Zurzeit lebe ich in Addis Abeba.
Ich bin ein Vorstandsmitglied von „Ethiopian Women with Disability National Association“, einer Selbstvertretungsorganisation, die für die Rechte von Frauen mit Behinderung kämpft.

Welche Art von Beeinträchtigung hast du?
Ich habe eine körperliche Beeinträchtigung.

Wann hast du das erste Mal festgestellt, dass es Hindernisse in deinem täglichen Leben gab? Und wie wirkten sich diese auf dein Leben aus?
Als ich ein Kind war, bin ich zusammen mit anderen Kindern mit Behinderung aufgewachsen. Dort gab es keine Hindernisse, denn die Umgebung war barrierefrei. Aber als ich die Schule besuchte, begannen für mich die Schwierigkeiten, denn schon auf dem Weg zur Schule gab es viele Hindernisse. Die Straßen waren sehr steinig, matschig und staubig und selbst die asphaltierten Wege waren nicht für Rollstühle oder Gehhilfen geeignet. Ich stürzte häufig und konnte die Schule oft nicht besuchen.
In der Schule selber gab es viele Treppen und keinen Aufzug. Und die Schultoilette war ungeeignet für behinderte Schüler. Wenn ich auf Toilette musste, war ich gezwungen nach Hause zu gehen und verpasste so den Unterricht. Aus diesem Grund wollte ich nicht zur Schule gehen und ich hatte Angst vor dem nächsten Schultag.

Hast du zurzeit eine Arbeit? Kannst du davon leben?
Ja, ich arbeite für das Gewerbeamt im Regionalbüro des Handelsministeriums. Aber mein monatliches Einkommen reicht nicht aus. Ich vermiete zwei kleine Räume meiner Wohnung. Die Wohnung ist nicht barrierefrei, sogar die Toilette ist für mich nicht zugänglich. Diese Probleme zwingen mich, zusammen mit einer anderen Person zu leben. Hätte ich ein ausreichendes Einkommen würde ich ein selbstständiges Leben führen.

Bist du in kulturellen, politischen oder sportlichen Aktivitäten involviert?
Dort, wo ich aufgewachsen bin, konnte ich mit den anderen behinderten Kindern spielen, zum Beispiel Handball, Fußball oder wir haben uns Geschichten erzählt. Ich wusch meine Wäsche, säuberte mein Zimmer und bereitete einmal in der Woche das Essen zusammen mit einer anderen Person zu. Aber als ich in die Schule kam, konnte ich nicht mehr mit den anderen Schülerinnen und Schüller spielen. Ich ging nie in die Pause, nicht auf die Toilette und beim Sport habe ich nicht mitgemacht. Und wenn meine Klassenkameraden in die  Bibliothek oder in die Werkstätte gingen, habe ich auf ihre Schulbücher aufgepasst.

Was sind die größten Herausforderungen, denen Menschen mit einer Behinderung in deinem Land begegnen?

Die größte Herausforderung in unserem Land ist der Mangel an Bewusstsein und Respekt für die Rechte von Menschen mit Behinderung. Andererseits gibt es in meinem Land nicht  genügend öffentliche Verkehrsmittel, schon gar nicht für Menschen mit Behinderung. Jeder Weg und jede Reise ist extrem schwierig für Menschen mit Behinderung. Und wenn es geeignete Transportmittel gibt, sind sie zu teuer.
Ein weiteres Problem für mich war der Schulbesuch – wie ich bereits erzählt habe. Aber das größte Problem ist die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Menschen mit Behinderung

Was muss verändert werden, um die Situation der Menschen mit einer Behinderung in deinem Land zu verbessern?
Wir brauchen Schulen, die auch für Menschen mit Behinderung zugänglich sind. Außerdem müssen Arbeitsmöglichkeiten geschaffen werden. Jeder muss sich an allen sozialen, politischen und kulturellen Aktivitäten beteiligen können, sonst sinkt der Lebensmut der Menschen.